Die ersten Wieslocher Comictage vom 2.-4. September im Palatin in Wiesloch boten vor allem deutschen Talenten ein Forum, sich bei einem breiteren Publikum bekannt zu machen.
Einer der Höhepunkte der Veranstaltung war die Ausstellung München 1945. Dies war die erste große Werkschau der deutschen Comic-Künstlerin Sabrina Schmatz, deren Nachkriegsepos jetzt auch in einer Gesamtausgabe beim Carlsen Verlag vorliegt.
In über 100 Exponaten wurde das Werk der jungen Künstlerin vorgestellt, die die Ausstellung persönlich eröffnete und auch signierte. Sabrina Schmatz ist Autodidaktin und München 1945 ist ihr erstes größeres Werk. 2017 gewann sie für den ersten Band des ICOM-Independent Preis in der Kategorie „Bestes Artwork“. Was zunächst als Liebesgeschichte vor dem Hintergrund einer dramatischen Zeit begann, entwickelt sich dann im Verkauf des Epos zu einer Momentaufnahme der deutschen Gesellschaft der unmittelbaren Nachkriegszeit. Es geht dabei um Schuld bzw. Verleugnung von Schuld, Wiederaufbau, sexuelle Gewalt und Sinnsuche. Es werden dabei wenige dramatische Situationen gezeigt, sondern vielmehr geht es darum, wie Menschen in dieser Zeit ihren Alltag erleben.
Christopher Tauber hatte gemeinsam mit Palatin Chef Matthias Eckstein eine Ausstellung zu der Comic Version von Die drei ??? erarbeitet und gab in einem Video Einblicke in sein Schaffen. Am Sonntag hielt er dann eine lebendige Lesung aus den Krimi-Klassikern um die drei ewig jungen Detektive ab.
Eine große Ausstellung war dem seit mittlerweile über 40 Jahre aktiven Comiczeichner Hartmut „Haggi“ Klotzbücher gewidmet. Sein Verleger Holger Bommer führte in sein Werk ein und zeigte anhand zahlreicher Originalzeichnungen, welche enorme Bandbreite der Künstler beherrscht: von detaillierten Parodie auf bekannte Comic-Cover über aufwändige Karikaturen bis hin zu den Erzählungen des kleinen Hartmut, der uns die Welt aus der Sicht eines kleinen Jungen zeigt.
Deutsche Zeichner waren zu Signierstunden angereist: Sabrina Schmatz, Katharina Netolitzky, Rainer Engel, Stefan Dinter, Christopher Tauber und Holger Bommer. Viele Besucher konnten kleine Kunstwerke mit nach Hause nehmen. Leider musste Timo Grubing coronabedingt absagen.
Aber auch beim fachlichen Teil war die deutsche Comicszene sehr aktiv: mit Detlef Lorenz stellte einer der wohl größten Comicexperten in Deutschland eine Ausstellung zum legendären Dschungelhelden Tarzan und dessen bewegter Geschichte in Deutschland vor. Der in Epfenbach aufgewachsenen Journalist Alex Jakubowski führte persönlich in seine Ausstellung über den Walt Disney Zeichner Don Rosa ein.
Der Zeichner Ivica Astalos, der das Satire-Magazin MAD als Zeichner und Redakteur maßgeblich geprägt hat, erzählte in einer lockeren Interviewrunde von seiner Arbeit als deutscher Comiczeichner. Der Journalist Christian Blees war aus Berlin angereist, um einen Vortrag über die legendäre Comicfigur Phantom zu halten. Thorsten Krings hielt einen Vortrag über „Comics gegen das Vergessen“ und die in Deutschland wenig bekannte Comicfigur Friday Foster.
„Ich bin wirklich überwältigt, wie viele Leute sich hier eingebracht haben, ohne auch nur einen Cent Honorar dafür zu verlangen.“ erklärt Initiator Thorsten Krings.
Am Samstag wurde dann auch der Charly-Eiselt-Preis für die erste Veröffentlichung eines Comics vergeben. Mit diesem Preis sollen Nachwuchskünstler unterstützt werden. Das besondere an diesem Preis ist, dass die Jury ausschließlich aus Comic-Künstlern besteht. In diesem Jahr waren Ivica Astalos, Katharina Netoletzky und Ralf Marczincik Jury-Mitglieder. Der Preis ging an Jeff Chi für „Who’stheScatman“ – eine Biographie des One-Hit-Wonders Scatman John, der sprachbehindert war und sich nur im Singen artikulieren konnte.
Impressionen der Comic Tage Wiesloch 2022